Nachricht vom Karmapa zu seiner Heiligkeit dem Dalai Lama
Kürzlich hatte ich in Zürich die segensreiche Gelegenheit, Seine Heiligkeit den Dalai Lama wieder einmal persönlich zu sehen und seinen Unterweisungen zuzuhören, was mich mit gemischten Gefühlen von Freude und Traurigkeit erfüllte. Im Gegensatz zu den Fernsehauftritten wirkte er dieses Mal viel älter, und selbst beim Sprechen war seine Stimme rechtschwach – ganz anders als früher. Das war schwer zu ertragen.
Seine Heiligkeit hat seinen ganzen Körper, seine Sprache und seinen Geist für uns gegeben, und ihn jetzt in einem so schwachen körperlichen Zustand zu sehen, erfüllte mich sowohl mit Angst als auch mit einem erneuerten Gefühl der Dankbarkeit für seine Güte. Diese beiden Gefühle schienen in meinem Kopf miteinander zu konkurrieren.
Angesichts seines körperlichen Zustands und der Anzeichen von Müdigkeit sagte ich nicht viel, sondern brachte zum Ausdruck, dass es nichts Wichtigeres gibt als ein langes Leben Seiner Heiligkeit zum Wohle des Dharma und aller Wesen. Ich schrieb andere Dinge auf, die ich übermitteln wollte, und legte sie schriftlich vor. Er nahm sich etwa 10 Minuten Zeit, um dies sorgfältig zu prüfen.
Seine Heiligkeit erwähnte, dass es Prophezeiungen gibt, nach denen er 110-120 Jahre alt werden soll. Er äußerte als seinen größten Wunsch, eine Pilgerreise nach Wutai Shan in China zu unternehmen. Er betonte, dass die vollständigen Lehren der großen und kleinen Fahrzeuge, einschließlich des Tantra, ein einzigartiger Schatz sind, der nur in Tibet zu finden ist, und dass es von größter Wichtigkeit ist, diese Lehren zu erhalten, zu pflegen und zu verbreiten.
Kurz gesagt: Seine Heiligkeit persönlich zu sehen und seine Worte zu hören, hat mir diesmal ein noch nie da gewesenes Gefühl für seine Kostbarkeit vermittelt. Es zeigte mir eindrücklich, dass wir alle Wünsche Seiner Heiligkeit für dieses Leben schnell und ohne Verzögerung erfüllen müssen – es gibt keine Zeit für einen Aufschub oder Ablenkung.
Seine Heiligkeit hat bereits unvorstellbare Anstrengungen und Opfer für uns gebracht. In Anbetracht seines Alters und seines körperlichen Zustands gibt es für ihn kein größeres Ziel, als sich auszuruhen und sich um seine Gesundheit zu kümmern. Wir müssen uns alle dessen bewusst sein und darüber zutiefst besorgt sein..
Wenn Seine Heiligkeit nach Tibet zurückkehren und tibetischen Boden betreten könnte, solange er noch am Leben ist, würde dies die Hoffnungen aller Tibeter in Tibet, der lebenden und der verstorbenen, erfüllen und die Wünsche des Lamas verwirklichen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich alle tibetischen Brüder und Schwestern harmonisch vereinen, um günstige Bedingungen für die rasche Erfüllung der Vision Seiner Heiligkeit zu schaffen. Wir müssen diesem Ziel dienen und auch unsere Gebete und Wünsche Tag und Nacht ohne Unterlass dem widmen. Wir haben eine entscheidenden Zeitpunkt erreicht.
Was auch immer unsere regionalen Zugehörigkeiten, religiösen Traditionen, Ansichten oder Positionen sein mögen, für das Wohlergehen Tibets als Ganzes müssen wir das Wichtigste in den Vordergrund stellen und uns von Nebensächlichkeiten lösen. Wir dürfen nicht Gold mit Messing verwechseln oder Sandelholz als gewöhnliche Asche verkaufen – das ist entscheidend.
Vor allem, wenn wir uns vor Augen halten, dass wir ein solches Wunscherfüllendes Juwel von einem Lama haben, fordere ich jeden auf, eine starke Entschlossenheit für denDharma allgemein und das Wohl des tibetischen Volkes hervorzubringen.